21. September 2025

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Es lebe die Demokratie!

Denn Aufgeben ist keine Option

„Die Demokratie ist die schlechteste Regierungsform – mit Ausnahme all der anderen Regierungsformen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.“

Dieses Zitat von Winston Churchill fühlt sich ein bisschen an, als beschreibe es ein altes, bequemes Sofa. Man kennt es, man nickt zustimmend, man lässt sich beruhigt hineinfallen. Klingt ja auch gut. Aber machen wir uns nichts vor: Dieses Sofa hat in letzter Zeit ein paar ziemlich unangenehme Flecken bekommen. Und irgendetwas beißt uns in den Hintern, wenn wir darauf sitzen.

Der Grund? Leute wie der Milliardär Peter Thiel, die nicht einmal mehr versuchen zu verbergen, dass sie dieses Möbelstück am liebsten auf den Sperrmüll werfen würden. In seinem Aufsatz „The Education of a Libertarian“ schreibt Thiel klipp und klar: „I no longer believe that freedom and democracy are compatible.“ Freiheit und Demokratie, so Thiel, passen nicht zusammen.

Was er unter „Freiheit“ versteht, wird schnell klar: die Freiheit für Superreiche, zu tun und zu lassen, was sie wollen. Der Rest der Menschheit soll sich bitteschön einem System unterwerfen, das von Konzernen gelenkt wird. Sozialstaat? Steht beim Geldverdienen nur im Weg. Arbeitnehmerrechte? Lästige Bremsklötze. Das Ganze tarnt sich als „libertär“, meint aber im Grunde: „Alle Freiheiten für mich, der Pöbel soll für mich schuften.“

Man könnte das als das Gewäsch eines mittelmäßigen Philosophie-Studenten abtun. Doch Thiel, Musk und die ihren sind keine kleinen Lichter. Sie gehören zu den mächtigsten Menschen der Welt und sind fleißig dabei, die Abrissbirne gegen die Grundfesten unserer Gesellschaft zu schwingen. Und die Spur des Geldes, das rechtsextreme und demokratiefeindliche Parteien weltweit befeuert, führt verdächtig oft in ihre Stiftungen und Firmenimperien.

Zeit also, die Ärmel hochzukrempeln und für die gute, alte Demokratie in den Ring zu steigen. Die gute Nachricht: Wir haben verdammt gute Argumente auf unserer Seite.

Demokratie liefert – Ein Blick auf die Fakten

Schauen wir uns doch mal die Zahlen an. Die Staaten, die im „Democracy Index“ als „vollständige Demokratien“ gelten – Länder wie Norwegen, die Schweiz oder Schweden –, dominieren auch die Spitzenplätze bei so ziemlich allen anderen relevanten Ranglisten. Ob es um soziale Gerechtigkeit, das Glücksempfinden der Bevölkerung oder schlicht das Bruttoinlandsprodukt geht: Demokratien schneiden im Durchschnitt besser ab. Offenbar machen wir also irgendetwas verdammt richtig.

Das ist kein Zufall. Die Logik dahinter ist simpel und für jeden nachvollziehbar:

Jede Organisation wird stabiler und langfristig erfolgreicher, je mehr ihrer Mitglieder sie zu echten Teilhabern macht.

Der Handwerksmeister, der seine Leute am Gewinn beteiligt und Erfolge gemeinsam feiert, weiß das oft besser als die Chefetage eines börsennotierten Konzerns, die nur noch bis zum nächsten Quartalsbericht denken kann. Mitbestimmung, Gewerkschaften, Mitarbeiteraktien – all das sind keine sozialistischen Teufelswerke, sondern gehören zu den Erfolgsrezepten, die einst eine breite, stabile Mittelschicht geschaffen und uns eine der längsten Friedensperioden der Geschichte beschert haben.

Und genau das Gleiche gilt für Staaten. Eine funktionierende Demokratie macht das Volk, den Demos, zum Souverän. Sie macht uns alle zu Stakeholdern, zu Teilhabern. Der ewige, zermürbende Dualismus von „die da oben“ und „wir hier unten“ wird im Idealfall aufgehoben.

Die Arroganz der Macht und ihre falschen Propheten

Leider ist uns diese simple Wahrheit in den letzten Jahrzehnten abhandengekommen. Ein Grund dafür ist die schlichte Arroganz der Macht. Politiker, die vergessen, wem sie eigentlich dienen. Ein Friedrich Merz, der mit dem Privatjet zum Wahlkampf fliegt und sich als Stimme der hart arbeitenden Mitte inszeniert, ist da nur die Spitze des Eisbergs.

Dazu kam der Siegeszug des Neoliberalismus, der uns seit den 80er-Jahren eintrichtert, der Staat sei schlecht und „der Markt“ regele alles. Margaret Thatcher brachte diese Ideologie mit ihrem berüchtigten Satz auf den Punkt: „There is no such thing as society.“ Es gäbe so etwas wie Gesellschaft nicht. Gerhard Schröder verkündete, zum Regieren brauche er nur „Bild, BamS und Glotze“ – eine kaum verhohlene Verachtung für den mündigen Bürger. Und Angela Merkel setzte dem die Krone auf, als sie eine „marktkonforme Demokratie“ forderte.

Moment mal! Dienen nicht die Märkte uns? Sollen wir unser Gemeinwesen wirklich nach den Launen einer hysterischen Masse ausrichten, die sich benimmt wie ein Teenie im Hormonrausch?

Genau diese Stimmung, diese Entfremdung, nutzen die rechtspopulistischen Parteien weidlich aus. Sie beleben das „Die da oben“-Narrativ und gerieren sich als Opfer des Systems. Kein Talkshow-Auftritt ohne das Gejammer, man dürfe ja nichts mehr sagen – nur um dann, bei kaum nennenswertem Widerspruch, genau das zu sagen, was sie doch angeblich nicht mehr von sich geben dürfen.

Ein Blick in ihre Parteiprogramme jedoch entlarvt die Farce: Das ist Neoliberalismus in Reinform. Profitieren werden nur die Superreichen. Die Leute, für die man angeblich kämpft, werden zu modernen Arbeitssklaven degradiert. Das ist Arroganz der Macht hoch zwei.

Also, was tun? 3 Schritte zur Rettung der Demokratie

Gegenwehr ist also angesagt. Aber wie? Indem wir das Narrativ wieder in unsere Hände bekommen.

1. Schluss mit dem Nullsummenspiel!

Die gefährlichste Waffe unserer Gegner ist die Spaltung. Sie spielen Frauen gegen Trans-Menschen aus, Alte gegen Junge, Migranten gegen sogenannte „Biodeutsche“. Das Prinzip ist uralt: Divide et impera – teile und herrsche. Wohin das im Extremfall führt, hat uns die Geschichte Ruandas auf schrecklichste Weise gezeigt, wo eine Kolonialmacht willkürlich eine Bevölkerungsgruppe bevorzugte und damit den Nährboden für einen Völkermord schuf. Wir müssen uns und anderen klarmachen: Ein Gewinn für eine Gruppe ist kein Verlust für eine andere.

2. Bildung, Bildung, Bildung!

Viele Menschen haben schlicht verlernt (oder nie gelernt), wie unser Staat funktioniert. Es herrscht ein massives Wissensdefizit. Glaubst du nicht? Dann mach ein kleines Experiment: Frag mal jemanden in deinem Bekanntenkreis, ob er oder sie zur Kommunalwahl geht. Falls die Antwort „Nein“ lautet, frag nach dem Warum. Die Antwort wird oft sein: „Das ist doch unwichtig.“

Und dann frag weiter: Weißt du, was ein Bürgermeister eigentlich macht? Oder ein Gemeinderat? Du wirst erstaunt sein, wie viele Menschen nicht wissen, dass die Entscheidungen, die ihren Alltag besonders stark beeinflussen – vom Bebauungsplan über die Kitaplatz-Vergabe bis zum Kulturangebot –, genau auf dieser Ebene getroffen werden. Politische Bildung darf dabei jedoch nicht den oft ideologisch gefärbten Stiftungen überlassen werden – sie gehört in die Schulen, in die Mitte der Gesellschaft. Und auch in Social Media Kanäle wie YouTube und TikTok.

3. Werde selbst zum Stakeholder!

Der wichtigste Schritt ist, die eigene Opferrolle abzulegen und selbst aktiv zu werden. Informiere dich. Geh zu den Wahlen – zu allen! Misch dich ein. Schreib einen Leserbrief. Geh zu einer Gemeinderatssitzung. Sprich mit deinen Abgeordneten. Zeig, dass du da bist und dass mit dir zu rechnen ist.

Fazit: Aufgeben ist keine Option

Die Demokratie steht auf dem Spiel, nicht nur in den USA, sondern auch hier bei uns. Die Angriffe kommen von außen und von innen. Aber wir sind alles andere als wehrlos.

Das Fundament unserer Rechtsordnung ist stärker, als viele denken, denn es beruht auf der überzeugendsten Idee von allen: der Idee einer Gesellschaft von freien und gleichen Teilhabern.

In einer gesunden Demokratie sind wir alle selbstbewusste Stakeholder – und wir profitieren alle davon.

Also packen wir es an!

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Und? Habe ich Ihr Interesse geweckt?

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