11. Oktober 2025

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Das Kreativ-Briefing – Eine Regieanweisung für Marketer

Gestatten Sie mir eine provokante Frage: Was haben ein B2B-Copywriter und eine Künstliche Intelligenz wie ChatGPT gemeinsam? Mehr als Sie vielleicht denken. Beide sind erstaunlich leistungsfähig darin, aus Informationen und Ideen überzeugende Texte zu formen. Und bei beiden gilt eine unumstößliche Wahrheit: Die Qualität des Outputs hängt zu 100 % von der Qualität des Inputs ab. Oder, um es weniger technisch auszudrücken: Garbage in, garbage out. Nur dass der Müll, der bei einem schlechten Briefing herauskommt, deutlich teurer ist.

Kennen Sie die Briefing-Misere?

Sie benötigen dringend eine neue Landingpage für Ihr SaaS-Produkt. Sie schreiben eine kurze E-Mail an Ihren Texter – „Hier, das sind die neuen Features, Zielgruppe kennst du ja, mach mal was Überzeugendes. Ach ja, brauchen wir bis morgen.“ – und hoffen auf ein Meisterwerk. Was Sie zurückbekommen, ist ein Text, der zwar alle Features auflistet, aber so generisch und seelenlos klingt wie eine Warteschleifen-Melodie. Enttäuscht schicken Sie ihn in die x-te Korrekturschleife. Zeit verrinnt, das Budget schmilzt, die Nerven liegen blank.

Herzlich willkommen zur meist unterschätzten, oft vernachlässigten und gleichzeitig wichtigsten Szene im gesamten Kreativprozess: dem Briefing-Gespräch. Es ist der Moment, der über Erfolg oder Scheitern entscheidet.

Als Auftraggebende ist Ihre Zeit Ihre wertvollste Ressource. Dieser Artikel ist Ihre Regieanweisung, um aus der einen Stunde Briefing pures Gold zu machen – für beide Seiten des Tisches. Vorhang auf.

Das Dilemma – Ein Dialog der Gehörlosen

Bevor wir zur Lösung kommen, müssen wir die Bühne des Problems ausleuchten. Ein misslungenes Briefing ist selten die Schuld einer einzelnen Person. Meistens ist es ein schlecht inszeniertes Stück, in dem zwei gutwillige Parteien aneinander vorbeireden. Ein Dialog der Gehörlosen.

Die Perspektive des Kreativen (Was Auftraggeber oft falsch machen)

Aus der Sicht des Texters oder Kreativdirektors gleicht ein schlechtes Briefing einem absurden Theaterstück mit wiederkehrenden Charakteren:

  • Der Gehetzte: Das Briefing findet zwischen zwei Meetings statt, dauert 17 Minuten und endet mit einem abrupten „Ich muss los!“. Die Vorbereitung bestand aus dem Weiterleiten einer alten Präsentation. Zeit für Rückfragen? Fehlanzeige. Das Ergebnis ist zwangsläufig oberflächlich.
  • Geheimniskrämer vs. Datenfluter: Der eine sagt Sätze wie: „Über die genaue Funktionsweise darf ich erst nach Unterzeichnung des NDAs sprechen, aber schreiben Sie schon mal die Website.“ Der andere schickt einen Link zu einem 200-Seiten-PDF-Handbuch mit den Worten: „Steht alles da drin. Bitte daraus einen dreiminütigen Imagefilm extrahieren.“ Beides ist gleich hilfreich.
  • Der organisatorische Nebel: Wer gibt den Text frei? Gibt es einen Fachexperten für technische Rückfragen? Bis wann genau wird Feedback geliefert? Diese Fragen bleiben unbeantwortet und führen zu endlosen Verzögerungen und Frustration auf allen Seiten.
  • Die Feature-Falle: Der Fokus liegt ausschließlich auf den technischen Merkmalen des Produkts. Die entscheidende Frage, warum ein Kunde das alles brauchen sollte, kann der Auftraggeber selbst nur vage beantworten. Er kennt seinen Wurm perfekt, aber nicht den Geschmack des Fisches. Ein klassischer Fall von „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler!“

Die Perspektive des Auftraggebers (Was Kreative oft falsch machen)

Aber seien wir ehrlich, die Medaille hat zwei Seiten. Auch auf der Seite der Kreativen gibt es wiederkehrende Rollen, die ein Projekt von Anfang an torpedieren:

  • Der Unvorbereitete: Er kommt ins Gespräch und stellt Fragen, deren Antworten prominent auf der Startseite der Unternehmenswebsite stehen. Das signalisiert nicht nur mangelnden Respekt, sondern verschwendet kostbare Zeit, die für strategische Fragen genutzt werden könnte.
  • Der stille Zuhörer: Er nickt alles ab, macht sich Notizen und stellt keine einzige kritische Rückfrage. Er fordert Sie nicht heraus, hinterfragt keine Annahmen. Das böse Erwachen kommt mit dem ersten Entwurf, der beweist, dass er zwar zugehört, aber nichts verstanden hat.
  • Der Selbstdarsteller: Er redet mehr über sein preisgekröntes Portfolio und seine kreative Genialität, als Ihnen zuzuhören. Er vergisst die wichtigste Regel der Inszenierung: Der Star des Stücks ist nicht er selbst als Dienstleister, sondern Sie, sein Kunde. So wie Sie und Ihr Produkt ist nur die Mentoren sind, die dem Helden – Ihrem Kunden – zum Erfolg verhelfen. 

Vom Monolog zum strategischen Dialog

Wenn wir diese Szenarien sehen, wird klar: Das grundlegende Problem ist ein Missverständnis der Funktion eines Briefings. Es ist kein „Download“ von Informationen. Es ist kein Monolog, bei dem einer redet und der andere schreibt.

Ein exzellentes Briefing ist ein strategischer Dialog. Ein gemeinsamer Workshop.

Es geht nicht darum, eine fertige Lösung zu bestellen. Es geht darum, gemeinsam das Problem zu schärfen. Die Aufgabe des Kreativen ist es, mit den richtigen Fragen zu bohren, zu hinterfragen und den Kern freizulegen. Ihre Aufgabe als Auftraggeber ist es, die Türen zu diesem Kern zu öffnen und den Kreativen als Sparringspartner zu sehen.

Dabei bewegen wir uns immer auf zwei Ebenen:

  • Die Sachebene (Das „Was“) 
  • Das ist die Pflicht. Was genau soll entstehen? Eine Landingpage, ein Whitepaper, ein Videoskript? Was sind die Timings, das Budget, die Ansprechpartner? Das sind die harten Fakten.
  • Die strategische Ebene (Das „Warum“) 
  • Das ist die Kür. Warum machen wir das überhaupt? Was ist das übergeordnete Geschäftsziel? Welches eine Gefühl soll beim Empfänger der Botschaft zurückbleiben? Wie inszenieren wir die Marke, um Vertrauen zu schaffen?

Erst wenn beide Ebenen klar sind, kann ein wirklich guter, wirkungsvoller Text entstehen. Um diesen Prozess zu strukturieren und sicherzustellen, dass keine Frage offenbleibt, habe ich über die Jahre ein Werkzeug entwickelt, das diesen Dialog leitet.

Die Kunst der richtigen Fragen

Die gute Nachricht ist: Sie müssen das Rad nicht neu erfinden. Um aus einem Briefing-Gespräch das Maximum herauszuholen, müssen beide Seiten einfach nur die richtigen Fragen stellen – und beantworten.

Genau dafür habe ich zwei detaillierte Fragebögen entwickelt: einen für die Zusammenarbeit mit Direktkunden wie Ihnen und einen, der speziell auf die Dreieckskonstellation mit Agenturen zugeschnitten ist. Sie sind seit vielen Jahren das Herzstück meiner eigenen Arbeit und das Fundament für jedes erfolgreiche Projekt.

Lassen Sie uns kurz durch ein paar Schlüsselfragen gehen, um zu verstehen, warum sie so entscheidend sind:

Sektion: „Die Hauptfigur: Ihr Endkunde“

Wir fragen hier nicht nur nach Hard Facts und Demografie, sondern nach dem „Job to be Done“. Welchen funktionalen, emotionalen und sozialen „Job“ soll Ihr Produkt im Leben des Kunden erledigen? Die Antwort darauf ist der Schlüssel, um vom Feature zum wahren Nutzen zu gelangen.

Sektion: „Die Brand Story“

Warum fragen wir nach der Gründungsgeschichte? Weil hier oft das authentische „Warum“ Ihrer Marke verborgen liegt – die eine Geschichte, die Sie von allen Wettbewerbern unterscheidet.

Sektion: „Die Goldene Nutzen-Kette“

Diese Tabelle zwingt uns, gemeinsam die Brücke von der reinen Technik („Was es ist“) über den Geschäftsnutzen („Was es bringt“) bis zum menschlichen Gewinn („Wie es das Leben verbessert“) zu bauen. Hier wird aus einem Feature Faszination.

Diese Fragebögen sind mehr als nur Checklisten. Sie sind ein strategisches Werkzeug, das beide Seiten zur Vorbereitung zwingt und sicherstellt, dass das Gespräch auf der wertvollen strategischen Ebene stattfindet.

Sie können sich beide Versionen hier kostenlos als editierbares RTF-Dokument herunterladen. Nutzen Sie sie für Ihr nächstes Projekt – egal ob mit mir oder einem anderen Partner.

Zwei Checklisten für den Erfolg

Sie haben ein wichtiges Briefing vor sich? Wunderbar. Hier sind zwei kompakte Checklisten, um sicherzustellen, dass Sie perfekt vorbereitet in die wichtigste Stunde Ihres Projekts gehen.

Checkliste für Auftraggeber

  • Ziel definiert? Habe ich das wichtigste Geschäftsziel des Projekts in einem einzigen, klaren Satz formuliert? (z.B. „Wir wollen die Conversion-Rate auf der Seite X um 15 % steigern.“)
  • Infos parat? Habe ich die wichtigsten Basis-Informationen (exakte Zielgruppe, Kern-USPs, 2-3 Hauptwettbewerber) griffbereit?
  • Experte gebrieft? Habe ich intern einen Fachexperten identifiziert und vorgewarnt, der für technische Rückfragen zur Verfügung steht?
  • Zeit geblockt? Habe ich mir realistische 60-90 Minuten ungestörte Zeit im Kalender geblockt – ohne Doppelbuchung oder die Notwendigkeit, nach 30 Minuten loszurennen?
  • Vorab-Material versendet? Habe ich dem Kreativen mindestens 24 Stunden vorher die wichtigsten 2-3 Dokumente oder Links (z.B. zum Produkt, zur alten Seite) geschickt?

Checkliste für Kreative

  • Hausaufgaben gemacht? Habe ich die Website, die Kernprodukte und die Social-Media-Kanäle des Kunden analysiert?
  • Markt gescannt? Habe ich mir die direkten Wettbewerber angesehen und verstanden, wie sie kommunizieren?
  • Strategische Fragen vorbereitet? Habe ich mir Fragen überlegt, die über das „Was“ hinausgehen und das „Warum“ ergründen? (z.B. „Was ist das größte Missverständnis über Ihr Produkt im Markt?“)
  • Organisatorisches auf der Liste? Habe ich die Punkte Ansprechpartner, Timings, Freigabeprozesse und Budget auf meiner Agenda?
  • Re-Briefing geplant? Habe ich mir vorgenommen, am Ende des Gesprächs das Briefing in meinen eigenen Worten zusammenzufassen, um sicherzustellen, dass wir dasselbe verstanden haben?

Der Vorhang fällt, die Arbeit beginnt

Sie sehen: Ein gut geführtes Briefing ist keine lästige Pflicht, sondern die smarteste Investition, die Sie in den Erfolg Ihres Projekts tätigen können. Es ist der Moment, in dem aus Dienstleistern strategische Partner werden. Es ist die Szene, die den gesamten weiteren Verlauf des Stücks bestimmt.

Wenn Sie aufhören wollen, Ihre Zeit und Ihr Budget in endlosen Korrekturschleifen zu verbrennen, dann nehmen Sie sich die Zeit für den Anfang. Bereiten Sie sich vor. Fordern Sie Ihren kreativen Partner. Und führen Sie einen Dialog, der diesen Namen auch verdient.

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