Reich und unabhängig durch die Sonne?

Private PV-Anlagen – wirtschaftlich betrachtet

Die Energie-Preise steigen, gleichzeitig hängt immer mehr in unserem Alltag (bis hin zur Mobilität) von der Versorgung mit Elektrizität ab: Das hat zu einem Nachfrage-Boom bei der Eigenerzeugung geführt, speziell im Bereich der PV-Anlagen. Die Anbieter machen zudem die tollsten Versprechungen, was Kostenersparnis oder sogar Einnahmen angeht. Doch sind diese Versprechen auch zu halten? Lohnt sich solch eine Anschaffung? Und für wen? Zeit, einmal ein Beispiel durchzurechnen!

Zu Besuch bei Familie Voto-Wolta

Das Ehepaar Voto-Wolta bewohnt zusammen mit ihrer jetzt zehnjährigen Tochter ein Einfamilienhaus, das zwar hübsch saniert ist, jedoch noch nicht mit auf erneuerbaren Energien versorgt wird.

Aktuell hat die Familie einen Gesamtstromverbrauch von 3.500 kWh im Jahr. In dem Zeitfenster, das wir betrachten wollen – 25 Jahre – wird dieser Verbrauch jedoch auf 6.400 kWh ansteigen: Nicht nur plant die Familie, sich angesichts der heißer werdenden Sommer eine Klimaanlage zuzulegen (zusätzlicher Verbrauch 800 kWh/Jahr), es steht mittelfristig auch die Anschaffung eines Elektrofahrzeugs an (zusätzlicher Verbrauch 2.000 kWh/Jahr). Außerdem wünscht sich die Familie einen Saugroboter (zusätzlicher Verbrauch 100 kWh/Jahr). Heute 3.500 kWh, in 25 Jahren 6.400 kWh: Das ergibt über das Vierteljahrhundert hinweg rein rechnerisch einen durchschnittlichen jährlichen Strombedarf von 4950 kWh, insgesamt also 123,750 kWh.

Was für Kosten würden entstehen, wenn die Voto-Woltas ihren Strom einzig über ihren Stromanbieter beziehen?

Aktuell haben wir einen Durchschnittspreis von 0,45 €/kWh. Dieser wird jedoch in den folgenden 25 Jahren wahrscheinlich deutlich ansteigen, da der vom Gesetzgeber gewollte Umstieg auf erneuerbare Energien insgesamt Geld kostet: bei einem geschätzten Preisaufschlag von 4 %/Jahr auf 1,53 €/kWh. Auch hier lässt sich wieder ein Mittelwert bilden: Familie Voto-Wolta zahlt über den gesamten Betrachtungszeitraum hinweg einen durchschnittlichen Preis von 0,99 €/kWh.

Für den Haushalt der Voto-Woltas würden also in diesen 25 Jahren geschätzte Gesamtkosten von 122.512,50 € entstehen. Dafür muss eine alte Oma schon sehr lange stricken.

Eine Photovoltaik-Anlage muss her – die Anschaffungskosten

Das Haus der Voto-Woltas ist dank einer Erbschaft abbezahlt – und es ist sogar noch etwas Geld übrig. Das schafft Freiraum für eine Investition – und die Voto-Woltas entschließen sich, „erneuerbar zu werden“. Ein erstes Gutachten zeigt: Ihr Haus bietet eine ideale Dachfläche in südwestlicher Richtung. Sie erlaubt die Montage einer Photovoltaikanlage von 7,4 kWp (maximale Ausgangsleistung). Im Keller ist zudem Platz für einen Speicher mit einer Kapazität von 5 kWh.

Diese Anlage soll inklusive Montage 25.000 Euro kosten. Die Voto-Woltas profitieren dabei bereits von der Umsatzsteuerbefreiung für PV, die im Jahressteuergesetz 2022 beschlossen wurde.

Die laufenden Kosten

Eine Photovoltaikanlage muss natürlich auch gewartet und versichert werden. Außerdem wird ein spezieller Zähler benötigt, da die Anlage nicht benötigten oder gespeicherten Strom ins Stromnetz einspeisen soll. Nicht zuletzt rechnet man allgemein, dass der Speicher nach etwa zehn bis 15 Jahren ausgetauscht werden muss. Das ergibt dann die folgenden laufenden Kosten.

KostenfaktorAusgaben pro JahrAuf 25 Jahre gerechnet
Wartungs-/Reinigungsvertrag300 €7.500 €
Versicherung150 €3.750 €
Zählermiete50 €1.250 €
Austausch des Speichers (einmalig) 8.000 €

Insgesamt verursacht die Anlage über 25 Jahre geschätzte laufende Kosten in Höhe von 20.500 €.

Doch damit endet die Kostenrechnung für die Voto-Woltas noch nicht:

Wie viel Strom muss die Familie Voto-Wolta hinzukaufen?

Die hier skizzierte Anlage erlaubt den Voto-Woltas einen Autarkiegrad von 60 Prozent. Sie stellen also 60 Prozent des von ihnen benötigten Stroms künftig selbst her, müssen daher 40 Prozent noch hinzukaufen.

Oben haben wir bereits den Gesamtbedarf berechnet: 123,750 kWh

Davon liefert die PV-Anlage 60 Prozent, also: 74.240 kWh

Die verbleibenden 40 Prozent (49.500 kWh) müssen hinzugekauft werden und erzeugen so Kosten von 49.005 € (bei einem Durchschnittspreis von 0,99 €/kWh, wie oben benannt).

Und gibt es auch Einnahmen?

Halt, halt, werden jetzt einige rufen: Die Anlage produziert doch möglicherweise einen Überschuss, der nicht verbraucht oder gespeichert werden kann. Dieser wird doch ins Stromnetz eingespeist und vergütet, oder?

Ja. Das ist richtig. Und die Familie Voto-Wolta ist frustriert, dass sie nicht bereits von 20 Jahren eine PV-Anlage aufs Dach hat schrauben lassen, denn in der Anfangszeit (in der es noch keine Speichersysteme gab) floss sehr viel ungenutzter Strom ins Stromnetz, und zwar mit einer Einspeisungsvergütung die damals bei 0,40 €/kWh begann und zwischenzeitlich sogar auf fast 0,60 €/kWh anstieg. So mancher dürfte sich seine Anlage so mehr als finanziert haben – trotz damals noch höherer Anfangsinvestitionen.

Heute liegt diese Einspeisungsvergütung (die jeweils auf 20 Jahre festgeschrieben wird) bei 0,08 €/kWh. Nicht gerade üppig, aber Kleinvieh macht auch Mist. Außerdem sind diese Einnahmen zumindest aktuell von der Einkommenssteuer befreit.

Doch wie viel speist die Familie Voto-Wolta denn nun ins Netz ein? Dazu müssen wir wieder ein wenig rechnen.

Der Jahresstromverbrauch der Familie liegt, wie oben dargestellt, bei 4.950 kWh. Die PV-Anlage ermöglicht ihnen einen Autarkiegrad von 60 Prozent. Diesen Prozentsatz ihres Gesamtstromverbrauchs erzeugen sie selbst, also 2970 kWh.

Die PV-Anlage liefert im Jahr 7.659 kWh.

Moment, werden jetzt wieder einige rufen, das ist doch viel mehr als der Gesamtjahresverbrauch der Voto-Woltas. Das ist völlig richtig. Jedoch fällt bei einer PV-Anlage der Strom eben nicht genau dann an, wenn er gebraucht wird, sondern vor allem tagsüber, wenn die Tochter in der Schule und das Ehepaar Voto-Wolta bei der Arbeit ist. Zudem gibt es jahreszeitliche Schwankungen. Der Speicher und ein Energiemanagement mit Smart Metering können dies nur in Grenzen abfangen. So ergibt sich der Autarkiegrad von 60 Prozent.

Aber rechnen wir weiter:

Die PV-Anlage liefert im Jahr 7.659 kWh, wovon die Voto-Woltas 2970 kWh verbrauchen. Bleibt ein Rest von 4.689 kWh, der nun ins Netz eingespeist werden kann, und zwar zu einem Preis von 0,08 €/kWh. Damit entstehen Einnahmen von 375,12 € pro Jahr. In 25 Jahren sind dies immerhin 9.378 €. Damit wäre zum Beispiel der Speicheraustausch bereits gegenfinanziert.

Aber machen wir nun einmal die Gesamtrechnung auf:

Kosten und Einnahmen im Vergleich über 25 Jahre

PostenMit PV-AnlageOhne PV-Anlage
Anschaffungskosten PV25.000 €0 €
Laufende Kosten PV20.500 €0 €
Eingekaufter Strom49.005 €122.512,50 €
Einnahmen durch Einspeisung9.378 €0 €
Gesamtkosten85,127 €122.512,50 €

Mit den angenommenen Zahlen, die natürlich reine Schätzungen und Projektionen in die Zukunft sind, spart die Familie Voto-Wolta also 37.385 €.

Fazit:

Damit wären wir wieder bei unserer Ausgangsfrage angekommen: Wann und für wen lohnt sich eine eigene PV-Anlage? Wie das Beispiel zeigt, sollten private Hausbesitzer zumindest einmal nachrechnen – idealerweise in Zusammenarbeit mit einem anbieterneutralen Energieberater.

Und? Habe ich Ihr Interesse geweckt?

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